Mittwoch, 29. Oktober 2008

Nur noch 9 Monate (oder schon 3 Monate rum)!






Beim Blick auf das Datum meines letzten Eintrags stellte ich fest, dass ich doch schon eine Weile nichts von mir hoeren lassen habe. Allerdings muss ich entschuldigend dazu sagen, dass ich telefonischen und e-Mail-Kontakt zu einigen Daheimgebliebenen und Verreisten hatte.



In der vergangen Woche ist schon wieder zuviel passiert, als dass ich von allem detailliert berichten koennte, sodass ich mir lieber Einzelenes herausnehme.




Rechts ein Foto vom samstaeglichen Malworkshop im Stadtteil Oscar Gámez

Am Donnerstag ging es wie jeden zweiten Donnerstag fuer mich und meine Kollege in Herrgottsfruehe um 4.45 Uhr los nach Managua.

An diesem Donnerstag hatten wir das erste Mal genuegend Platz im Kleinbus, um uns bequem hinsetzen zu koennen, da alle jugendlichen Teilzeitmitarbeiter gerade in der Klausurenphase stecken.

Diese Gegenbenheite fuehrte auch dazu, dass ich das erste Mal meine eigene Kindergruppe zugeteilt bekam.


Das Thema desTages war "Legenden und Mythen" und so sprach ich mit den 3 bis 7-Jaehrigen ueber Zwerge/Kobolde und als ihnen "Los duendes de la Pierda de Cuapa" (Die Zwerge des Felsens con Cuapa) vor.

Nahezu alle Kinder waren davon ueberzeugt schon mal einen Zwerg/ Kobold gesehen zu habenund konnten mir diesen auch ganz genau beschreiben. Ein Maedchen meinte, in Nicaragua gaebe es keine Kobolde, aber in anderen Laendern schon.

Zum Schluss konnte ich dann doch alle davon ueberzeugen, dass es in der Realitaet keine Kobolde gibt.

Meine Sorge, die Kinder verstuenden mich vielleicht nicht, bestaetigte sich zum Glueck nicht und es machte wirklich Spass nun auch thematisch mit den Kindern arbeiten zu koennen.


Als ich das Bild eines Kindes nach draussen zum Trocknen brachte, streifte ich den Aermel eines Maedchens meiner Gruppe.

Draussen angekommen, kam eine ihrer Freundinnen ganz aufgeregt auf mich zu, ich haette das t-Shirt ihrer Freundin dreckig gemacht.

Normalerweise haben die Kinder Kleidung zum Malen an, deshalb hatte ich mir nichts dabei gedacht. Nun erklaerte mir das Maedchen sehr bedrueckt und veraengstigt, dass es sich um ein gutes T-Shirt handle und ihre Mutter sie dafuer zu Hause schlaege.

Ich versuchte den Fleck herauszubekommen, doch bei Akrylfarben ist da nichts zu machen.

Ich fuehlte mich schlecht und schuldig und haette das Maedchen am liebsten nach Hause begleitet, um sie vor ihrer Mutter zu schuetzen.

Irgendwann fragte ich sie., ob ihre Mutter lesen koenne und schrieb dann eine kleine Nachricht.

Zwischendurch vergisst man bei all den positiven Erlebnissen, das die Themen ueber die wir mit den Kindern sprechen (haeusliche Gewalt, sexueller Missbrauch, ...) Teil ihren Alltags sind.

Mit meinen Kollegen hatte ich auf der Rueckfahrt nach Estelí aber wieder richtig Spass, sie komme auf die verruecktesten Ideen und wenn jemand durch das Bulli-Fenster reinschaute, daechte er wahrscheinlich, es handle sich um eine Gruppe pubertierender Jugendlicher, die da Eiswuerfel in das T-Shirt des Vordermanns steckten und sich vor Lachen den Bauch hielten.

Aber nein, ich bin die Juengste der ganzen Truppe, die Aeltesten sind 29.


Kleiner Sprung:

Gestern Abend klopfte es bei mir an der Tuer und draussen Stand Laisi, die zusammen mit ihrer Schwester das Zimmer neben meinem gemietet hat.

Sie ist 17, ihre Schwester 14. Sie gehen hier in Estelí zur Schule, kommen eigentlich aus einer Stadt weiter im Norden. Ihr Vater wohnt in Honduras, ihre Mutter hat einen neuen Mann. Soweit mein Informationsstand bis gestern Abend.

Anfang letzter Woche hatten sie mich schon gefragt, ob ich ihnen die Miete fuer ihr Zimme rleihen koenne, da ihr Vater noch kein Geld geschickt hatte. Ich lehnte ab, da ich keine angehende Freundschaft mit Geld verderben wollte.

Gestern Abend nun bat mich Laisi um 100 Cordoba (3,30 Euro) fuer die Fahrt nach San Juan, wo sie Geld von ihrem Opa erhalten sollte.

Sie erzaehlte mir nach einigen Nachfragen meinerseits, dass ihre Mutter sie und ihre Schwester nicht mehr zur Familie zaehlte, da sie eine neue hat und ihnen so auch kein Geld gibt. Ihr Vater ist arbeitslos und hat dementsprechend auch kein Geld, hier gitb es kein Arbeitslosengeld.

Seitdem sie mich um Geld fuer die Miete gebeten hatten, hatten sie nicht nur kein Geld fuer die Miete, sondern ueberhauptkein Geld.

Sie haben sich seit zwei Wochen von ein bisschen Hafer und Wasser ernaehrt und das auch noch in der Klausurenphase.

Ich war geschockt nichts davon mitbekommen zu haben, fuehlte mich schuldig ihnen das Geld verweigert zu haben.

Ich gab ihr die 100 Cordoba und erzaehlte meiner Gastfamilie von ihrer Situation worauf sie ihr etwas zu Essen gaben.



Nun noch etwas Positives:


Ich habe mittlerweile noch ein paar Leute zum Musik machen gefunden. Ronny (mit der Strick-Kappe) spielt Gitarre, ein bisschen Saxophone und singt und fast alle seine Freunde spielen auch Gitarre. da das mit dem Ausleihen der Gitarre hier bei Funarte etwas kompliziert geworden ist, leiht er mir jetzt seine alte. Gestern haben wir neue Saiten drauf gemacht und jetzt kann ich ueben. Ausserdem habe ich mir ein paar nicaraguanische Lieder von ihm kopiert und so



Morgen beim Musikunterricht mit den Kindern im barrio Omar Torrijos wohl schon ein bisschen mitsingen.



Lasst es euch im verregneten Deutschland gutgehen, hier regnet es auch ordentlich, aber es ist verhaeltnismaessig warm :)

Montag, 13. Oktober 2008

Beim Karnevalsumzug der Schule meiner Gastschwestern, einer katholischen Privatschule, regnete es zu Anfang in Stroemen und es sah ganz danach aus, als fiele das ganze ins Wasser, doch letztendlich marschierten wir doch 2 Stunden von der Schule zum Park (normal braucht man fuer diese Strecke 10 bis 15 Minuten). Alle Kinder waren verkleidet, meine kleine Gastschwetser natuerlich als Prinzessin, die Aeltere als Fee.
Es spielten die Marschkappelle der Schule und anderer Schulen aus anderen Staedten.

Am Samstag hiess es wie immer "frueh aufstehen" und los zur Arbeit. Daisy, meine aeltere Gastschwester kam mit zum Malworkshop, die Kleine nicht. Daisy sagte mir der Grund sei die Bruecke. Am vorherigen Samstag machte ich naemlich mit beiden die Erfahrung, dass sie totale Angst hatten die Bruecke ueber den Fluss zu Ueberqueren. Dazu muss man sagen, dass es hier zum Teil echt wackelnde Haengebruecken gibt, die so aussehen, als fielen sie jeden Moment in sich zusammen, doch die besagte Bruecke ist ziemlich neu und aus Beton.
Als ich meine Gastmutter spaeter auf das Verhalten der Maedchen ansprach, erklaerte sie mir, es waere das erste Mal, dass die Maedchen den Fluss nach dem Hurricane hier (2000) uberquerten.

Samstag Abend ging ich mit vier Kolleginnen tanzen . Wir hatten viel Spass und tanzten viel.
Heute mussten wir immer noch ueber einige Aktionen vom Samstag lachen.

Mittlerweile habe ich die Floeten aus Deutschland erhalten und meine kleine Gastschwester floetet gluecklich in der Gegend herum, am Ton muessen wir noch arbeiten ;-)

Heute und Morgen haben wir bei Funarte eine Fortbildung zum Thema "genero" (Denglisch: gender). Die Fortbildung ist super organisiert und echt interessant. Ich bin froh mittlerweile so viel Spanisch zu sprechen, dass ich etwas Sinnvolles in Gruppenarbeiten und Plenumsdiskussionen beitragen kann.
Das Thema erhaelt hier fuer mich, wie so viele andere Dinge einen ganz neuen Wert.

Seit letztem Wochenende wohnen noch zwei Nicaraguanerinnen bei uns. Sie sind ganz nett, wir haben uns schon ein bisschen unterhalten.

Wie geht es euch allen so? ... Hast pronto, Lena

PS: Das Bilder-laden hat mal wieder zu lange gedauert... beim naechsten Mal.

Freitag, 10. Oktober 2008

Jetzt ist Regenzeit!

Als ich vor einiger Zeit meinen blog mal "Inmitten der Regenzeit" oder Aehnlichem betitelt habe, wusste ich noch nicht, das der Oktoer der absolute Hoehepunkt der Regenzeit ist.
Seit bestimmt 10 Tage scheint heute nochmal die Sonne und er Himmel ist bis auf einige weisse Wolken blau und es ist auch gleich wieder ziemlich warm.
In der letzten Zeit hat es sonst immer ein bis zwei mal fuer ein bis zwei Stunden tagsueber und immer abends und nachts kraeftig geregnet.
Das bedeutet, dass man, wenn man das Haus verlassen muss, um zur Arbeit fahren oder sonstiges, mindestens einmal am Tag eine kraeftige Dusche abbekommt und bis auf die Haut klitsch nass ist. Ausserdem wird die Waesche nicht trocken und bekommt von der staendigen Feuchte einen muffeligen Geruch, sodass man sie gleich nochmal waschen kann.
Bei mir im Zimmer laeuft in der einen Ecke Wasser runter, im Flur bildet sich einige riesige Pfuetze und vor meinem Wachbecken muss ich das Wasser wegkehren, weil ich sonst beim Zaehneputzen nasse Fuesse bekomme.
Auf der Strasse bilden sich reissende Baeche, die man oft einen Block lang nicht ueberqueren kann.
Einer anderen Freiwilligen ist zuletzt ein Flip-Flop in so einen Bach gefallen und da musste sie ganz schoen rennen, um den noch zu erwischen.
Das gute am vielen Regen sind die sehr angenehmen Temperaturen, jedenfall fuer uns Mitteeuropaer, die Nicas frieren und holen sich ne Grippe.

Die vergangene Woche verlieg ganz normal, mit allen Aktivitaeten die so anstanden.
Da meine Chefin wegen einer Augenoperation zurzeit nicht mit dem Computer arbeiten kann, beauftragte sie mich einige Sachen fuer sie zu erledigen: e-Mails nach bestimmten Informationen durchsuchen, beantworten, ...
Ausserdem versuchen wir jetzt regelmaessig in der Woche eine Stunde einzurichten, wo sioe mit mir ihr Englisch trainieren kann: sprechen und Hoerverstehen.
Mittlerweile muss ich schon beim Englischsprechen manchmal nachdenken, mein Franzoesisch hat sich vollkommen verabschiedet.
Seit Montag ist noch ein neuer Freiwilliger aus Sheffield hier, der nach seinem Sprachkurs fuer sechs Monate bei Funarte arbeiten wird. Er war Mittwoch schon mal zu Besuch. Da er aber noch kein Wort Spanisch spricht, musste ich dolmetschen ;-)
Naechsten Monat klappt es hoffentlich endlich, dass Nadine von ihrem Projekt, wo nichts passiert zu Funarte wechselt. Im Februar soll noch ein Freiwilliger aus Belgien kommen, dann sind wir echt viele. Naja, mal sehen, wie das wird.
Gestern fuhren wir mit der ganzen Truppe Funartes nach Managua, dass hiess wieder um 4.30 Uhr aufstehen... zu frueh!
Die Malworkshops mit den Kindern verliefen relativ ruhig. In einem Stadtteil unterstuetzte ich die Maedchen beim Fussballspiel gegen die Jungs, leider verlohren wir (wie hoch wird nicht verraten), aber hatten riesigen Spass. Als Geschichte zum Thema "Prevention Sexuellen Missbrauchs" nahmen wir wieder die vom "Kleinen Nein", die ich vor einigen Woche mal vorgeschlagen hatte.
Der gesamte Ausflug mit meinen Kolleginnen und Kollegen machte viel Spass, wir lachten viel.
Auf der Rueckfahrt nach Estelí bot soch uns ein wunderbares Panorama: Der Managua-See mit Berg dahinter im Sonnenuntergang. Ich konnte leider kein Foto machen, da ein Kind waehrend des Workshops mit Farbe an den Haenden auf die Linse meiner Kamera gepackt hatte.
Erinnerungen sind auch schoen und ihr koennt euch das Bild ja einfach vorstellen.
Heute geniesse ich meinen Tag und werde mir tgleich meine Gastschwestern im Karnivalsumzug ihrer Schule ansehen.
Bis demnaechst!

Freitag, 3. Oktober 2008

Im Land der Schmetterlinge und des Muells

Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht mindestens 20 Schmetterlinge 5 verschiedener Arten sehe. Es gitb orange, weisse, bunt gemusterte und wunderschoene hellblaue, die ein Spannweite von ca. 15 Centimetern haben.
Es vergeht auch kein Tag, an dem mein Nachbar nicht morgens seinen Muell verbrennt und meine Handtuecher auf der Leine diesen wunderbaren Duft aufsaugen, kein Tag an dem kein Muell auf den Strassen, auf den Wiesen und auf dem Buergersteig herumliegt. Kein Tag an dem die Kinder des barrios neben der Muellhalde nicht im Muell nach Essen suchen. Kein Tag an dem sie nicht in einer Huette aus Holz und Plastikplanen einen Teil ihrer Zeit verbringen.

Heute Nachmittag fuhr ich zusammen mit meinem Kollegen Rosario mit einem gemieteten Bus in das beschrieben barrio, um die Kinder und einen Teil der Muetter abzuholen.
Hier bei Funarte fand dann ein Malworkshop und eine Abschiedsfeier fuer die Kinder statt.
Es gab eine piñata, Kuchen, Musik und Luftballons und es war schoen mit anzusehen, wie sich die Kinder ueber diese Ueberraschung freuten.
Wie auch bei den vergangenen Workshops mit ihnen, assen viel nichts oder nur wenig von ihrem Essen, da sie es lieber mit nach Hause nahmen, um mit ihrer Familie zu teilen.
Es ist beeindruckend, dass selbst die kleinen Kinder in keinem Moment vergessen, dass ihre Familie auch Hunger hat.

Mir geht es gut, auch wenn mich meine Erfahrungen hier oft nachdenklich machen. Bis demnaechst!
PS: Hab nur schnell den Tippfehler verbessert. Der blog ist vom 3.10. .